Traurige Eigentümlichkeit in ganz Griechenland: Solidarisches Krankenhaus wird als illegale Maßnahme angesehen

08/05/2015 - 17:45

Wir waren erstaunt, am 30. April in der Zeitung „ΗΧΩ„(Echo) aus Arta eine Mitteilung des Vorstands der Ärztekammer der griechischen Stadt Arta zu lesen, dass die „Soziale Solidaritätsklinik und Apotheke von Arta (SSCP) illegal arbeitet, unter persönlicher Verantwortung von Ärzten, die wahrscheinlich für ihre medizinischen Leistungen bezahlt werden und dadurch den anderen Mitgliedern der Kammer unlautere Konkurrenz machen“. Die Meldung führt ferner aus, „Stand vom 28. Juni 2014 entsprechend der Präsidialen Verordnung haben unversicherte Bürger, Griechen oder griechischer Herkunft, oder Ausländer, die legal und dauerhaft in Griechenland wohnhaft sind, Zugang zu medizinischer Versorgung in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen.“

Auf Basis des oben stehenden, wollen wir folgendes betonen:

1. Die Solidaritätsklinik von Arta ist eine AUTONOME, SELBSTORGANISIERTE und UNABHÄNGIGE, SOZIALE Solidaritätsstruktur, die KOMPLETT OHNE GEBÜHREN medizinische Erstversorgung bietet für Unversicherte, Arbeitslose und Mitbürger, die Not leiden. Die SSCP von Arta ist weder ein Krankenhaus noch eine Poliklinik, es werden keine medizinische Handlungen durchgeführt, dementsprechend benötigt es keine Genehmigung der lokalen Ärztekammer. Entgegen den unwahren Behauptungen der Ärztekammer von Arta über das Engagement von Ärzten im SSCP  als bezahlte Angestellte oder als Freiberufler, die für ihre Dienstleistung Rechnungen stellen, erklären wir ausdrücklich und unmissverständlich, dass alle beteiligten Ärzte ihre Dienste UNENTGELTLICH anbieten. Diese Leistungen werden in ihrer Praxis/Klinik erbracht und sie werden nicht bezahlt. Und überhaupt, das Gesetzt selbst legt fest, dass es Ärzten erlaubt ist, bis zu fünf Patienten im Monat umsonst zu behandeln. Bis jetzt freilich wussten wir nicht, dass gesellschaftliche Solidarität eine verbotene Handlung ist. Es ist traurig, dass es Menschen gibt, die das so sehen!

2. Alle von uns (im Gesundheitswesen Tätige und viele andere, solidarische Bürger) haben an der Erschaffung dieser Gemeinschaft mitgewirkt, weil wir tagtäglich von Beginn der Krise bis Heute einer steigenden Zahl unversicherter Mitmenschen begegneten, die den Ausschluss von medizinischer Unterstützung, Hilfeleistungen und Medikamenten erlebten (und noch erleben), was zu höherer Krankheitshäufigkeit und Sterblichkeit bei den benachteiligten, sozialen Gruppen führt.

Unsere gemeinsame Ansicht ist:

 Gesundheit ist eines der höchsten gesellschaftlichen Güter

 Jeder Mensch hat das Recht auf einen angemessenen Lebensstandart, der dieser Person und seiner/ihrer Familie Gesundheit und Wohlbefinden, ärztliche Betreuung und notwendige Leistungen der sozialen Fürsorge gewährleistet (Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte).

Die Schaffung eines Schutzschildes und der Zusammenhalt der Gesellschaft durch gesellschaftliche Solidaritätsnetzwerke ist essenziell für die Gesellschaft, um in der Lage zu sein, Widerstand zu leisten und eine alternative Lösung für die Krise zu fordern, die ihrem eigenen Vorteil am Besten genügt.

Wir sind nicht „die guten Samariter“, wie uns manche ironisch bezeichneten. Wir haben keine Absicht und noch weniger die Illusion den Staat zu ersetzen, der sich aus der Verantwortung für die Gesundheitsversorgung der Bürger gestohlen hat. Wir kämpfen weiter für ein Gesundheitssystem. Für öffentliche Gesundheitsversorgung und Fürsorge für alle, ohne Ausgrenzung.

Wir sind alle von der Krise betroffen, doch am meisten ist das Gesundheitssystem als öffentliches gesellschaftliches Gut beeinträchtigt. Ein öffentliches Gesundheitssystem zur Grundversorgung existiert, allerdings ist es stark unterbesetzt, mit Kürzungen in grundlegenden, medizinischen Fachgebieten. Damit Unversicherte in ein Krankenhaus eingewiesen werden, müssen sie ein medizinischer Notfall sein. Auf der anderen Seite gibt es Menschen ohne Einkommen, die ihre Medikamente gar nicht bezahlen können. Das ist, was wir zu versorgen versuchen, durch die Hilfe unserer Mitbürger und die Beiträge der Mitglieder unserer Gemeinschaft. Diese Menschen, die durch die Krise in die Armut getrieben wurden, wandten sich an uns, und es ist lächerlich auch nur zu denken, dass eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber den restlichen Mitgliedern der Ärztekammer von Arta entstanden ist. Wenn das so wäre, könnte man auch behaupten, soziale Lebensmittelgeschäfte bedeuten unfaire Konkurrenz für Supermärkte, das Rote Kreuz für Warenhäuser und „ohne Zwischenhändler“-Netzwerke für die Wochenmärkte etc.

Die SSCP von Arta ist keine einzigartige Errungenschaft im Land. Es ist eine von 51 Strukturen der gesellschaftlichen Solidarität im Gesundheitsbereich, die in allen griechischen Regionen entstanden sind.

Gesellschaftliche Solidarität selbst braucht keinen rechtlichen Status, sie hat keine Eigeninteressen, sie beinhaltet keinerlei wettbewerbsorientierten Elemente. Sie hat Liebe und Respekt für ihre Mitmenschen und nährt die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, für ein Leben in Würde.

Das weiß bereits jeder und besonders die Mitglieder der Ärztekammer von Arta, da sie den Hippokratischen Eid schworen.

Wir würden mehr Sensibilität und Verständnis von der Ärztekammer von Arta für unsere selbstlosen und absolut notwendigen, gesellschaftlich Anstrengungen erwarten. Und wenn, wie die Ärztekammer von Arta behauptet, ihre Mitglieder unsere notleidenden Mitmenschen umsonst behandeln, beglückwünschen wir sie und laden sie ein, in der SSCP als Freiwillige mitzuwirken. Wir sind offen für alle, die mitmachen wollen.

Arta, 4. Mai 2015

Soziale Solidaritätsklinik und Apotheke von Arta

Ebenfalls unterzeichnet von:

Soziale Solidaritätsklinik von Peristeri

Soziale Solidaritätsklinik und Apotheke von Athen

Metropolitan Sozialklinik von Hellinikon

Soziale Solidaritätsklinik Salaminas

Soziale Solidaritätsklinik von Chalandri

Solidarische Apotheke von Patisia

Solidaritätsklinik von Piräus

Soziale Solidaritätsklinik und Apotheke von Nea Smyrni

Soziales Netz der Ärzte und Apotheker von Ilion

Selbstoraginsierte Sozialklinik und Apotheke von Nea Philadelfia  und Nea Chalkidona

Soziales Netz der Ärzte von Zografou

Vereinigung der Krebspatienten KEFI

Netzwerk der solidarischen Ärzte von Kifisia

Sozialklinik von Fyli

Soziale Solidaritätsklinik von Rethymnon

Sozialklinik und Apotheke von Katerini “Alekos Ftikas”

Volksversammlung – solidarische Klinik von Agios Nektarios, Volos

Solidarische Apotheke von Lesbos “Iliaktida”

Soziale Solidaritätsklinik von Preveza

Soziale Solidaritätsklinik von Thessaloniki

Soziale Solidaritätsklinik und Apotheke von Drama

Soziale Solidaritätsklinik und Apotheke von Kilkis

Soziale Solidaritätsklinik von “KIALLI” von Thermi

Soziale Solidaritätsklinik und Apotheke von Chania

Social Clinic – Pharmacy of Larisa “Topos Allileggyis”

Soziale Solidaritätsklinik von Patras

Soziale Solidaritätsklinik von Corinth

Sozialklinik und Apotheke von Nafpaktos “Oloi Mazi”

Soziale Solidaritätsklinik von Kalamata

Soziales Solidaritätsnetzwerk von Heraklion

Sozialklinik und Apotheke von Heraklion